Entwicklungsverzögerungen/Entwicklungsstörungen

Entwicklungsverzögerungen und Entwicklungsstörungen sind in verschiedenen Bereichen möglich:

Konzen­trations­störungen

Unaufmerk­samkeit, Im­pulsivität oder Über­aktivität, eine Sache nicht zu Ende bringen zu können, das sind Para­meter, die für eine Konzen­trations­schwäche oder ein Auf­merk­sam­keits­defizit sprechen. Dennoch gilt es zwischen diesen beiden Symp­tomen zu unterscheiden. Sind vom Auf­merk­samkeits­defizit rund 3-5% der Schul­kinder betroffen, so gibt es sehr viel mehr Schüler­Innen, die unter einer Konzen­trations­schwäche leiden. Vorab sind immer die Ur­sachen ab­zuklären, welche mannig­faltig sind. Dazu ist ein aus­führliches Interview mit den Eltern not­wendig. Bio­logische Umstände wie z. Bsp. Reiz­verarbeitungs­schwächen sind häufige Ursachen einer mas­siven Konzen­trations­schwäche. Oft spielen auch psycho­dynamische Fak­toren (Veränderungen zu Hause, in der Schule) eine Rolle.

Zu behandeln sind solche Symptome dann, wenn die Symptome Kinder in ihrem Handeln behindern und somit nicht dem Entwick­lungs­stand des Kindes entsprechen. Die Arbeit passiert an verschiedenen, durch die Diagnose erhobene „Ursachen“. Falls die Ursache für eine solche Be­einträch­tigung in einer Reizver­arbeitungs­schwäche (Entwick­lungs­ver­zögerung) liegt, wird dieser mit neuro- und kognitions­psycho­logischen Methoden entgegen gewirkt.
Wenn aber psycho­dynamische Faktoren die Schwächen bedingen, erscheint es zentral, die Eltern zu beraten und in spiel­thera­peu­tischen Settings dem Kind die Mög­lich­keit aufzuzeigen, wie es in diversen Situa­tionen adäquat handeln lernen kann.

Sprache

Beginnen Klein­kinder verspätet zu sprechen, sind Kinder in logo­pädischer Behand­lung. Logo­pädInnen arbeiten an den ex­pressiven Sprach­funktionen (Artiku­lation, Wort­schatz, Gram­matik) sowie an rezep­tiven Sprach­störungen (Sprach­ver­ständnis, auditive Wahr­nehmung).
Der psycho­logische Anteil an der Sprache liegt entweder in der Reiz­verar­beitung (Wahr­nehmung), welche vor allem im Teil­bereich der audi­tiven Reiz­verar­beitung verzögert sein kann oder hat eine andere psycho­dynamische Ursache. Bei beiden Störungs­bildern bedarf es unter­schied­licher Heran­gehens­weisen. Eine gute Sprach­ent­wicklung setzt gewisse sozio- kulturelle Bedin­gungen, und das Fehlen organischer Beein­trächti­gungen voraus.

Legasthenie

„Ein legasthener Mensch, bei guter oder durch­schnitt­licher Intelli­genz, nimmt seine Umwelt diffe­ren­ziert anders wahr, seine Auf­merk­samkeit lässt, wenn er auf Symbole, wie Buch­staben und Zahlen trifft, nach, da er sie durch seine diffe­ren­zierten Teil­lei­stungen anders empfindet als nicht legasthene Menschen, dadurch ergeben sich Schwie­rig­keiten beim Erlernen des Lesens, Schreibens oder Rechnens.“ (Kopp Duller, 1995)
Auf­fällig­keiten treten bei Kindern ab der ersten spätestens Ende der zweiten Klasse Volks­schule im Lesen, Schreiben und Rechnen, möglicher­weise auch im Verhalten auf. Anzeichen sind bereits im Kinder­garten­alter sichtlich.

Dys­kalkulie

Eine Reche­nstörung ist gekenn­zeichnet durch Schwierig­keiten im Umgang mit arith­metischen Grund­begriffen (Zahl­begriff, ele­mentare Ope­rationen, Dezimal­system usw.). Auch hier machen Kinder und Eltern die Er­fahrung, dass sie trotz inten­sivem Lernen nicht den Erfolg ver­buchen können, welchen das Kind eigentlich verdient hätte. Falls das ständige Üben nichts bringt, stellt eine Teil­leistungs­schwäche eine mögliche Ur­sache dar. Kann es sein, dass das Kind immer wieder Zahlen ver­dreht, merkt sich das Kind beim Üben nur wenige Inhalte? Ver­wechselt das Kind länger­fristig immer wieder „Plus“ und „Minus“, „Mal“ und „Divi­diert“. Sind die Lösungen bei Sach­auf­gaben zumeist falsch, braucht das Kind lange bei den Haus­auf­gaben usw. Falls die Teil­leistungs­schwäche eine mögliche Ursache des Pro­blemes darstellt, kann diese behandelt werden. Durch die Behand­lung können die Basis­voraus­set­zungen trainiert werden, was sich somit positiv auf die schwachen Rechen­fertig­keiten auswirkt.

Teilleistungs­schwächen/Teilleistungs­störungen

Bei Teilleistungs­schwächen handelt es sich um Reiz­verarbeitungs­schwächen im Gehirn. Reize werden von der Umwelt auf­genommen und über die ver­schiedensten Kanäle der Wahr­nehmung über das Rücken­mark ins Gehirn weitergeleitet. Dort können diese Infos nicht mehr richtig verarbeitet werden, wenn ver­schiedene Nerven­ver­bindungen im Gehirn sondern diese Reize einfach „abblitzen“ lassen oder „fehl­leiten“.

Kindergarten­kinder/Klein­kinder

Häufig meiden betroffene Kinder Malbücher. Wenn sie zeichnen, dann mit ganz zitt­riger Strich­führung. Sie tun sich schwer ruhig zu bleiben, wenn eine Geschichte vorgelesen wird. Ein „Vogel“ am Fenster lenkt sie ab. In diesem Alter nehmen Kinder sehr oft eine Beobachterrolle ein, d.h. es gelingt ihnen nicht, sich in die Gruppe einzufügen. Sie bleiben am Rand des Ge­schehens und wägen vorerst ab. Oft gelingt es ihnen nicht, die Ab­lehnung durch andere Kinder als solche zu erkennen sowie An­weisungen von Eltern zu verstehen.

Schulkinder

Solche Kinder wundern sich beispiels­weise, dass sie trotz ständigen Übens gleich viele Fehler im Diktat/ der Ansage haben, dass das Lesen trotz vieler Übungen nicht geht und somit keinen Spaß macht. Be­troffene Schul­kinder vergessen immer wieder die ein­fachsten Rechen­ope­rationen. Sie klagen darüber, dass sie in vor­gesprochenen Wörtern bei Ansagen bspw. nicht hören, ob die Lehr­person ein „d“ oder ein „t“ gesprochen hat. Sie können diese ähnlich klin­genden Laute nicht „auseinander­hören“.
Beim Ab­schreiben ist der Weg von der Tafel zum Heft einfach „zu lange“. Das Wort kann nicht von der Tafel zum Heft fehler­frei trans­portiert werden.
Es gibt SchülerInnen, die immer wieder Probleme haben, sich zu konzentrieren, am Platz ruhig sitzen zu bleiben. Legasthenie (Lese-Recht­schreib­schwäche), Dys­kalkulie (Rechen­schwäche) sind weitere Para­meter für eine solche Schwäche.

Die Auswirkungen von Teil­leistungs­schwächen auf das Ver­halten eines Kindes werden oft lange Zeit nicht erkannt und können im Weiteren zu schweren seelischen Be­lastungen des Kindes führen.
Auf der Verhaltens­ebene sind solche Kinder ganz oft verträumt, aggressiv, schüchtern, können sich in die Gruppe nicht inte­grieren.

Motorik

Betroffen sein können sowohl Grob­motorik, Fein­motorik und Visuo­motorik.

Grobmotorik

Es geht um die Beschreibung von Zusammen­hängen zwischen Bewegung, Wahr­nehmung und Erleben. Grob­motorische Schwächen sollten ernst genommen werden, denn die weit­verbreitete Meinung, dass diese sich möglicher­weise zurück­bilden könnten ist definitiv nicht richtig - dies bezieht sich auch auf die anderen beschrie­benen Störungs­bilder. Nicht zu Letzt gibt es aus­führliche Studien und Unter­suchungen, welche belegen, dass diese Schwächen in den letzten 10-15 Jahren zu­genommen haben.
Der Schwer­punkt der psycho­logischen Arbeit mit Kindern, die eine grob­motorische Schwäche haben, liegt in der genauen dia­gnostischen Ab­grenzung. Es gilt die Spontan­bewegung beim Spiel, Basteln, Malen und alltags­rele­vanten Handlungen zu beobachten. Anhand von vor­gegebenen moto­rischen Auf­gaben wie z.B. Hampel­mann usw. und einer Test­beobachtung wird ein Therapie­konzept ent­wickelt.

Fein­motorik und Visuo­motorik

Die feinmotorische Entwick­lung eines Kindes bringt mit sich, dass es im Alter zwischen zwei und drei Jahren bereits koordinierte Mal­bewegungen aus­führen kann. Die Formen werden bereits viel­fältiger, erst eckig, dann rund. Zu diesem Zeit­punkt beginnt auch die Akzentu­ierung und die Ums­etzung der Schrift­elemente. Somit kann dem inten­siven Kritzeln nichts mehr im Wege stehen. Mit fünf Jahren werden bereits bewusste Richtungs­änderungen in einem Bewegungs­ablauf möglich. Nun kann schon ein Kreuz gemalt werden. Mit 6-7 Jahren wird das Malen in Begren­zungen möglich.

Wahrnehmungs­störungen/senso­motorische Störungen

Die basalen Wahr­nehmungs­störungen sind unter anderem für die Ent­wicklung von Problemen in der Grob­motorik, der Feinmotorik und der Visuo­motorik von großer Bedeutung. Sowohl diagnostisch als auch therapeutisch müssen der Tastsinn (taktile Wahr­nehmung) sowie die Tiefen­wahrnehmung (Proprio­zeption), das Gleich­gewicht und die moto­rische Handlungs­planung begut­achtet werden. Diese Sinne sollten sich bis ins Schul­alter aus­reichend entwickeln.

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